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        Buchprojekt Sumatra

        Für ein eigeninitiiertes Projekt begab ich mich Mitte Februar 2020 wieder auf Reisen. Diesmal ging es nicht ins kalte, schneereiche Japan, sondern auf eine warme Insel Richtung Äquator in den Westen der indonesischen Insel Sumatra, die sechstgrößte Insel der Welt mit 50 Millionen Einwohnern. Unser Plan war, uns mit der matrilinearen Kultur der Minangkabau auseinanderzusetzen. Ziel war es, dann ein Kunstbuch zu machen, eine Art Reisebuch, das Geschichten über die und Begegnungen mit den Minangkabau und deren Kultur erzählt und den Alltag einer matrilinearen Kultur thematisiert. Dieses für uns hochinteressantes Thema sollte nicht mit wissenschaftlichen Methoden untersucht werden, sondern durch einfache Gespräche mit den einheimischen und deren Erzählungen, die von uns mit Texten, Zeichnungen, Fotos und Film dokumentiert werden wollten. Dies ergab am Ende eine Fülle von Materialien. Im Vordergrund lag für mich jedenfalls die Fotografie. Eine Entscheidung zu treffen, ob man in einer bestimmten Situation nun lieber fotografiert oder filmt, ist dabei nicht immer leicht. So viele Eindrücke, die ich festhalten will. Außerdem kann ich auf Reisen nicht immer zwei Kameras dabeihaben, denn zum Filmen und Fotografieren verwende ich unterschiedliche Kameras, weil in der brütenden Hitze zwei Kameras und dazugehörigen Objektiven noch schwerer zu tragen sind.  

        Im Gegensatz zu Japan, wo mir beim Fotografieren manchmal fast die Finger abgefroren sind, war Sumatra heiß und schwül, da die Insel ja am Äquator und in den Tropen liegt. Es ist ein wahres Regenwaldparadies. Allerdings stellen Massenabholzung, Armut, Ausbeutung, Korruption, Drogen, Verschmutzung und Regenwaldzerstörung riesige Probleme dar. Echt sehr erschreckend und bedrückend. Nur war das diesmal nicht unser Thema, wie bei meiner Dokumentation im Jahr 2017 in Kolumbien. In erster Linie ging es uns diesmal um das Thema des Matriarchats und die Rolle der Frau in der dortigen Gesellschaft. Nach dem die Religion dort sehr präsent ist, war die Reise in eine sogenannte matrilineare Gesellschaft dann doch komplett anders wie erwartet.

        Nach einem kurzen zweitägigen Aufenthalt in Singapur flogen wir nach Padang, die größten Stadt West Sumatras. Unser Aufenthalt in Padang begann mit einem Besuch im örtlichen Minangkabau Museum, das Adityawarman. Dort lernten wir eine sehr hilfsbereite Historikerin kennen, mit der wir gleich einen Gesprächstermin vereinbarten. Aufgrund der Sprachbarriere zogen wir Englischstudentinnen bei, die uns die Gespräche übersetzten. Wir verbrachten fast zwei Tage in dem Museum. 

        Nach Padang ging es weiter ins Hochland nach Bukittinggi. Dort lernten wir die Menschen hauptsächlich direkt auf der Straße kennen. Am ersten Tag, während eines Erkundungsgangs durch das kleine Dorf Koto Gadang, sprach uns zum Beispiel eine ältere Dame an, die uns zu sich her winkte. Es stellte sich heraus, dass sie eine „Bundo Kanduang“, eine Art Anführerin/Dorfchefin war. Am nächsten Tag kamen wir wieder und führten ein Interview mit ihr über die lokale Kultur. Nach Koto Gadang zog es uns dann noch öfters. In kleineren Dörfern ist es einfach viel leichter, Leute kennenzulernen. Wie es in Koto Gadang so war, findest du hier in dieser Fotoserie. 

        Nach einigen weiteren Gesprächen und langen Interviews, mit ganz unterschiedlichen Leuten, besuchten wir einen meiner Bekannten, den ich in Bali kennengelernt hatte und der auf Instagram gesehen hatte, dass ich in Sumatra bin. Wo es normale nie Tourist*innen hinverschlagen würde. Er selbst ist Indonesier und lebte in Pariaman, eine Stunde von Bukittinggi entfernt. Er teilte uns mit, dass er mittlerweile eine deutsche Frau hat und wieder in seiner Heimatstadt ist. Wir besuchten ihn und seine Frau für einen Tag. Pariaman liegt an der Küste und sein Dorf gleich daneben, ein wahres Dschungeldorf aus bunten Häusern. Seine Familie lud uns zum Essen ein und er zeigte uns sein Dorf. Hier gibt es einige fotografische Eindrücke davon. Wir erfuhren, dass in ein paar Tagen eine Hochzeit in seinem Dorf stattfinden würde, auf die wir eingeladen wurden. So kamen wir dann nach einem kurzen Aufenthalt in Bukittinggi wieder zurück nach Pariaman, um auf diese Hochzeit zu gehen. Am Vortag der Hochzeit kam man zusammen, um traditionelle Bräuche zu feiern, zu essen und zu tanzen. Es spielte ein Lifeband, die so laut war, dass man fast einen Hörsturz erlitt. Was bei dieser Hochzeit so geschah, findest du hier. Ich habe auch ein wenig gefilmt, das werde ich noch zu einem kleinen Film zusammenschneiden. Aber wie schon gesagt, Fotografieren und Filmen gleichzeitig sehr schwierig. 

        Nach der Hochzeit ging es wieder zurück nach Bukittinggi. Dort führten wir unsere Interviews weiter, und machten auch viele Wanderungen durch die Stadt. Neben den unglaublich warmen, lieben Menschen war ich fasziniert von den bunten Häusern und liebevoll plazierten exotischen Pflanzen, die man bei uns nur als Zimmerpflanzen kennt. Es gab tolle Farben.

        Nach drei Wochen Reisen und etlichen Interviews und Ausflügen zog es uns an den Strand. Wir wollten es nicht dabei belassen, bei der Hitze nur zu arbeiten. Wieder ein Bekannter aus Indonesien erzählte mir schon einige Monate davor, dass ich unbedingt Rickys Beach House besuchen sollte, was wir dann auch taten, denn es lag nur eine Stunde südlich von Padang. Das Beach House liegt direkt am Meer. Auch dort war ich wieder erstaunt von der Wärme und Gastfreundschaft der Locals. Das Beach House ist ein ökologisch und sozial motiviertes Projekt. Ökologisch, weil man sich für Schildkröten einsetzt und Müll in der Natur den Kampf ansagt. Und sozial, weil es Arbeitsplätze und Ausbildungsmöglichkeiten für die Burschen aus dem Dort bietet (wobei mir da ehrlich gesagt die Mädchen zu kurz kommen). Auch Ricky und seine Kollegen konnten uns einiges über die Kultur der Minangkabau erzählen. Neben zwei Interviews war unser Aufenthalt dort dann aber Entspannung. 

        Alles in allem war es eine echt tolle Reise und Erfahrung, auf der wir viele interessante, nette, hilfsbereite Menschen kennenlernen durften. Die trotz der Armut und Perspektivenlosigkeit so offene, freundliche, respektvolle und neugierige Menschen sind. Die Reise war dann aber ganz anders wie erwartet. Aber das ist so krass, dass ich es lieber noch nicht an dieser Stelle veröffentliche. Das kann ich nicht einfach so erzählen.